Spielbahner digital - auf dem Weg zur digitalen Anlage
Analog versus digital - eine Frage der Ideologie? Wer wie ich in den frühen
Achtzigern noch einen Haufen Geld in das EMS-System (elektronische Mehrzugsteuerung)
gesteckt hat, nur um sich den Spaß zu gönnen, zwei Loks auf dem selben
Gleis unterschiedliche Fahrtgeschwindigkeiten und Richtungen zuweisen zu können
- und das auch noch vollkommen unabhängig von Trennstellen, Umpolern, Bremswiderständen
und Blockstellen, der sieht den Digitalbetrieb als logische Konsequenz der Entwicklung
in der Elektronik und deren Übertragung auf die Modellbahn. Wer allerdings
mit großem Aufwand seine Anlage derart präpariert hat, daß
auch mit analogen Loks ein abwechslungsreicher Spielbetrieb möglich ist,
der möchte natürlich nur ungern wahr haben, daß all seine Schaltstellen,
Kontakte, Umpoler und Fahrregler mitsamt dem Wissen um ihren richtigen Einsatz
und ihre Konfiguration nun zum alten Eisen gehören sollen.
Objektiv läßt sich hierzu sagen, daß der Trend zum Digitalbetrieb
geht.
Und natürlich habe auch ich mit dem Gedanken gespielt, die Zukunft in
meine kleine Modellwelt einziehen zu lassen und habe mich bei den Herstellern
umgeschaut. Die Antwort auf eine erste schüchterne Nachfrage beim größten
Spielzeugladen hier vor Ort läßt sich in etwa so zusammenfassen:
"Fleischmann, das isses. Das ist zukunftsicher und besser als Trix!"
Verschwiegen wurde, daß es über Fleischmann und Trix hinaus eine
Vielzahl von Anbietern gibt, die Digitalkomponenten anbieten. Da sind zum einen
Anbieter von eigenen Systemen und zum anderen Anbieter von Komponenten, die
zu den Systemen der großen Hersteller kompatibel sind, aber auch Anbieter
von standardisierten Systemen, die einer Hersteller übergreifenden Norm
entsprechen. Und man muß nicht unbedingt Wirtschaftswissenschaftler sein,
um zu sehen, daß das System-Monopol eines Herstellers einer für den
Verbraucher günstigen Preisgestaltung nicht unbedingt dienlich ist.
Wer sich beispielsweise vor einigen Jahren für das FMZ System (Fleischmann)
entschieden und sich eine größere Anzahl FMZ-Loks zugelegt hat, kann
diese nur mit Fleischmann Steuergeräten bedienen. Gleiches galt für
das Selectrix System (Trix).
Bevor man sich nun in die Abhängigkeit eines einzigen Herstellers begibt,
sollte man die Vor- und Nachteile einer Hersteller übergreifenden Digital-Norm
kennen. Diese Norm existiert in Form der NMRA DCC. Sowohl Fleischmann als auch
Trix haben die Strategie der Eigennorm fallen gelassen. Das neue Twin-Center
von Fleischmann kann neben FMZ-Loks auch NMRA-Loks steuern (und undokumentierter
Weise sogar Selectrix-Loks). Das Gleiche gilt für das Central-Control 2000
von Trix, das sich nicht nur mit Selectrix- sondern auch mit NMRA-Loks versteht.
Fleischmann geht mit seinem Twin-Decoder sogar soweit, daß eine Digital-Lok
von Fleischmann sowohl das FMZ- als auch das NMRA-Protokoll versteht. Das bedeutet,
daß auch der Selectrix-Bahner, der seine Anlage im Mischbetrieb (Selectrix/NMRA)
oder im reinen NMRA-Betrieb bespielt, sich eine Fleischmann Lok mit eingebautem
Decoder kaufen kann.
Neben dem Betrieb des Rollmaterials ist auch die Steuerung der Weichen, Signale
und Entkuppler sowie die Installation von Besetztmeldern ein Thema, das zum
Digitalbetrieb gehört. Die zwei großen Vorteile sind die wesentlich
einfachere Verkabelung (die drei Kabel einer Weiche verlaufen nicht mehr bis
zum Stellpult, sondern nur bis zum Encoder) und der mögliche Verzicht auf
ein Stellpult, das durch den Computer ersetzt werden kann.
Die einfachere Verkabelung weiß besonders derjenige zu schätzen,
der nicht eine 2 x 4 Meter Platte hat, die für die nächsten 30 Jahre
an ihrem Platz bleibt, sondern der Freund von kleineren Segmenten, die flexibel
bei Umzug oder Umgestaltung sind. Denn wer baut schon gern einen weiteren Meter
Strecke zwischen seine beiden Bahnhofsmodule, wenn dazu 100 Kabel verlängert
werden müssen? Der Digitalbahner verlängert seinen Digital-Bus und
ist fertig.
Leider fehlt zur Steuerung dieser Funktionen noch ein universelles Protokoll,
doch gibt es zum Beispiel für das Selectrix System schon Konkurrenz-Anbieter,
die systemkonforme Komponenten zu interessanten Preisen verkaufen und somit
die monopolistische Preisbildung verhindern.
Da Minitrix zur Zeit der einzige Hersteller ist, der konsequent die überwiegende Mehrheit seiner Loks mit digitaler Schnittstelle ausrüstet, was einen schnellen und unkomplizierten Einbau eines Decoders eines beliebigen Herstellers zuläßt, muß man ein bißchen Bastelarbeit investieren, wenn man zum Beispiel eine Fleischmann Lok mit einem Selectrix-Decoder ausrüsten möchte. Andersherum kann man beim Einbau des Fleischmann Dekoders in eine Minitrix Lok (mit digitaler Schnittstelle) schon fast von Plug & Play sprechen.
Als Fazit aus diesen Ausführungen sollte man mitnehmen, daß es bestimmt nicht von Nachteil ist, wenn man bei der Wahl seiner Komponenten darauf achtet, daß sie das NMRA-Protokoll unterstützen. Man macht allerdings weder mit dem Selectrix-, noch mit dem NMRA-System etwas falsch. Beide haben sich auf dem Markt etabliert und werden sicherlich noch eine längere Zeit unterstützt werden.
Lesenswerte Seiten zu diesem Thema finden sich bei dieser Frage und bei den Links. Eine Decoder-Übersicht hat Reinhard Müller erstellt. Und auch ein Verfechter der Analog-Technik soll zu Wort kommen dürfen.
An dieser Stelle können die Reaktionen auf dieses Thema eingesehen werden.
Wer Anmerkungen geben kann und möchte, sende bitte eine E-Mail an info@spielbahner.de, genauso natürlich Fragen, die an dieser Stelle offen bleiben.